Neues und auch Altes aus meinem Leben als Nives
Dienstag, 29. September 2020
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Es ist schwer die Vergangenheit hinter sich zu lassen, sie sich nicht in die Gegenwart oder Zukunft zu wünschen. Es ist schwer George gehen zu lassen und es immer wieder versuche ich mir in Erinnerung zu rufen warum ich die Beziehung beendet habe. Es gab viele kleine Gründe. Es gab viele kleine Gründe mit ihm zusammen zu bleiben. Irgendwann habe ich nur noch auf die letzten Verletzungen gewartet damit es endlich so viel ist, dass mir der mögliche Schmerz der Trennung nicht zu schlimm vorkommt- bzw. er es wert ist- versteht ihr was ich meine?

Mittlerweile lerne ich damit zu leben. Jeden Tag kommt mir vor ich lerne was dazu, ich wachse- es tut gut. Ich strecke mich nach oben und habe so wunderbare Menschen um mich, die mir helfen. In letzter Zeit gehe ich auch sehr viel spazieren- einfach zu Fuß. Das habe ich während der Beziehung mit George auch gemacht, wenn ich traurig war oder wir uns gestritten hatten. Irgendwo muss die Trauer ja hin und weil ich irgendwie nicht weinen kann geht diese Energie in meine Füße und die tragen mich durch ganz Wien. Letztens bin ich vom 19. Bezirk bis in den 7. gegangen. Einfach gegangen- weiter und weiter. Es gleicht manchmal einer Rastlosigkeit, die sich aber endlich physisch zeigt. Jeden Tag lerne ich mich ein Stück besser kennen.

Zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass ich mich oft in Beziehungen mit Männern geflüchtet habe, weil das eine Art Comfort Zone für mich war- selbst wenn ich oft traurig war. Es hat mir irgendwie Angst gemacht alleine zu sein. Ich brauche viel Aufmerksamkeit- aber die hab ich immer von anderen erwartet. Die Aufmerksamkeit, die ich mir selbst geschuldet hätte, die kam einfach nicht. Ich bereue das hier jetzt gerade nicht, vielmehr freue ich mich das ein bisschen mehr zu erkennen.

Ich sehe viel mehr wer ich bin- natürlich nicht so ganz- aber wer kann das schon wirklich. Ich sehe zum Beispiel, dass ich nicht gerne alleine bin,- weil es mir irgendwie nicht angenehm ist, es ist mir nicht angenehm, weil ich meine Liebe mit-TEILEN muss. Ich brauche einfach jemandem den ich lieben kann. Deshalb bin ich auch so froh, dass ich so gute Freundinnen hab! Ich brauche jemanden, mit dem ich Tee oder Kaffee trinken gehen kann, einfach spazieren, oder herumsitzen, vielleicht sogar schweigend. Zeit zu teilen ist so etwas schönes. Den ganzen Tag habe ich eigentlich was zu tun, treffe mich mit Freundinnen oder bin allein zuhause und räume auf oder koche....Die Zeit mir mir allein ist wirklich ganz wichtig gerade und es wird immer leichter- ich sage nicht, dass es sich super anfühlt, aber es fühlt sich nicht mehr schwer an und das ist in meinen Augen ein großer Fortschritt und dafür bin ich mir, und allen, die sonst so für mich da sind, echt dankbar. Vor allem dem lieben Gott. Den hab ich nämlich irgendwann darum gebeten, in meinem Leben zu wirken und ihm habe ich auch gesagt, er soll die Kontrolle übernehmen. Versteht ihr, sowas sagt man irgendwann mal, wenn man einfach keine Kraft mehr hat zu kämpfen, auch keine Kraft aufzugeben aus Angst vor dem was kommt. Auf einmal ging es ganz schnell, oder leicht. Ich vertraue, dass Gott mich führt. Dass ich ihm gar nicht egal bin und dass er mir hilft ein besserer Mensch zu werden. Aber man kann eben nicht überall die Dinge lernen, die für einen wichtig sind. Wenn ich in einer Comfort Zone stecke, in der ich weder vor noch zurück kann, dann muss man da eben raus. Und ich heile gerade- langsam, aber vielleicht auch irgendwie richtig schnell.

Dann merke ich auch, dass ich zum Beispiel viel selbstsicherer werde. Ich traue mich mehr die Dinge zu sagen die mir auffallen, die ich blöd finde, bei denen ich mir nicht sicher bin. Neuerdings arbeite ich in einem Cafe und da kommen neue Aufgaben auf mich zu- allerdings sehe ich, dass einige Dinge in der Leitung nicht so gut funktionieren und ich frage mich langsam wie ich da vielleicht was tun könnte um die Situation zu verbessern. Ebenso geht es mir in meiner Band, in der ich auch nicht die Leitungsperson bin. Das sind Dinge, wo ich jetzt viel Geduld brauche. Die habe ich in den letzten Tagen eh schon öfters mal verloren. Aber das ist nicht so schlimm. Jedenfalls kein Grund aufzuhören nach dem besseren zu streben. Nichts ist ein Grund aufzugeben. Es gibt einfach keinen Grund.

Und diese neuen Herausforderungen zu sehen, sind irgendwie ein Zeichen von Hoffnung für mich. Meine Welt dreht sich wieder weiter- nicht mehr nur um mich und George, meine Traum-Zukunft. Nein, es geht jetzt um eine Zukunft, in der ich ein wichtiger Teil bin, die aber nicht mir allein gehört. Oh man es ist so schön. Ich wachse- ja ich wachse und ich heile.

Klar, wünsche ich mir manchmal dass George mich anruft, mir schreibt (oder mir mal auf meinen drei Seiten langen Brief antwortet- was er ja auch gesagt hat, dass er tun wollte),...wir uns treffen.
Aber jetzt ist vielleicht einfach Zeit für was anderes. Wer weiß wie lange diese Zeit dauert- ein paar Wochen, Monate, Jahre? Ich glaube ich bin bereit- gleichzeitig bin ich das absolut nicht. Keine Ahnung was mich erwartet. Meine Träume und Pläne sind nicht mehr im Vordergrund. Jetzt zählt das jetzt.

Das macht mich glücklich.